Rückschau: Food & Tech Connect!
Mitten im Herzen von Berlin-Schöneberg liegt mit einer Fläche von über fünf Hektar ein Zukunftsort für die Vernetzung von Wissenschaft, Forschung und Unternehmen – der EUREF-Campus. Dieser Ort des Austauschs war am 26. April auch Rahmen und Plattform für ein ganz besonderes Event: die „Food & Tech Connect!“.
Die Veranstaltung der Wirtschaftsvereinigung der Ernährungsindustrie Berlin-Brandenburg und des Clusters Ernährungswirtschaft hatte vor allem ein Ziel: junge Firmen aus der Ernährungsindustrie mit etablierten Unternehmen der Branchen Ernährung, Handel und des Hotel- und Gaststättengewerbes zu vernetzen. Denn „die Zukunft für Berlin liegt in der Kooperation zwischen klassischen Unternehmen und Startups“, wie auch Wirtschaftssenatorin Ramona Pop jüngst im Rahmen einer Startup-Messe sagte.
Kooperativ voran
Im Gegensatz zu den zahlreichen Food-Startup-Messen konzentrierte sich die „Food & Tech Connect!“ ausschließlich auf den B-to-B-Bereich und damit Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle, die skalierbar und somit auch für etablierte Unternehmen interessant sind. Zehn Startups aus der Hauptstadtregion passten in das Raster und bekamen so die Gelegenheit, sich mit Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern großer regionaler Unternehmen und Fachverbände direkt und persönlich auszutauschen.
Eines dieser Unternehmen vertrat Attif Gharbi von der ADM WILD Europe GmbH & Co. KG. ADM WILD produziert Aromen, Zutaten und Vorprodukte für die Lebensmittelindustrie. „Der Lebensmittelmarkt ist ein sehr schnelllebiger Markt“, erklärte Gharbi das Branchumfeld. „Essen und Trinken dient nicht mehr nur der Nährstoffaufnahme, sondern vor allem auch dem Genuss. Ständig drängen neue Produkte auf den Markt, die ein noch besseres Geschmackserlebnis oder gesundheitlichen Nutzen versprechen. Um in diesem Wettbewerb ganz vorne dabei zu sein, interessieren wir uns natürlich sehr für neue innovative Produkte und Markttrends – und damit auch für Startups.“ Dass dies nicht nur leere Worte sind, zeigt eine erfolgreiche Kooperation des Unternehmens mit einem jungen Hersteller für Erfrischungsgetränke.
Digitalisierung – Veränderung auf vielen Ebenen
Doch nicht nur das sich stetig verändernde Konsumentenverhalten erhöht den Druck auf die Unternehmen. Auch der digitale Wandel hat die Branche längst ergriffen. Insbesondere im Vertrieb zeigen junge Firmen mit innovativen Ideen, wie klassische Wertschöpfungsketten aufgebrochen werden können. Plattformökonomie wird auch im Lebensmittelbereich zum großen Thema. Andere Branchen haben es vorgemacht: Amazon revolutionierte den Buch- und Versandhandel und hat längst den Lebensmittelhandel für sich entdeckt. Portale wie Airbnb, Check 24 oder Uber stellen die Reise-, Versicherungs- und Taxibranche auf den Kopf. Anfänglich unterschätzte Ideen haben das Feld etablierter Unternehmen übernommen.
„Stop thinking – start doing“, appelliert deshalb Mark Möbius von der Etventure GmbH an das Publikum. „Die Digitalisierung verändert Geschäftsmodelle, Innovationszyklen und Arbeitsformen in Unternehmen in immer schnellerem Tempo. Um mithalten zu können, müssen Unternehmen nicht aufhören zu denken, aber sie müssen wesentlich schneller lernen und entscheiden.“ Und Möbius muss es wissen. Denn Etventure begleitete bereits zahlreiche Unternehmen beim Upgrade des Bestandgeschäftes oder dem Aufbau neuer Geschäftsmodelle und neuartiger Startup-Geschäfte. Was zählt, sei der eigene Wille und das Involvement, den Wandel anzustoßen und vor allem auch umzusetzen, weiß Möbius.
Voneinander lernen
Um innovative Produkt-, Prozess, Service- oder Vertriebskonzepte in skalierbare Geschäftsmodelle zu überführen, braucht es vor allem eins: Innovationsmut. Hier seien Startups klar im Vorteil, lautete das Fazit von Frieder Damm, Leiter der Fachgruppe FoodTech beim Bundesverband Deutsche Startups. „Die jungen Unternehmen sind eher bereit, das hohe Risiko einzugehen und bringen einen klaren Willen mit, die Verantwortung für riskante Entscheidungen bedingungslos zu tragen“, so Damm. Allein aufgrund ihrer oft starren Strukturen aber auch der Verantwortung für zahlreiche Mitarbeiter, sei die etablierte Industrie weniger risikobereit. Hier seien Startups wichtige Impulsgeber.
Doch auch andersherum geht die Rechnung auf. Viele junge Firmen sind auf den Rat und die Erfahrungen der etablierten Unternehmen mit Produktionsprozessen, Vertriebswegen und Marktstrukturen angewiesen. So wie Luca und Karl von dem jungen Unternehmen Skadi. Auch sie suchen Unterstützung. Zwar ist die Rezeptur ihres Cocktail-Eises ausgereift und sie skalieren bereits industriell, aber Abfüllung und Verpackung stellen sie momentan noch vor große Herausforderungen. So wird das Eis derzeit in Belgien produziert. Das ist nicht nur logistisch und in Sachen Einfuhrzölle nicht besonders effektiv, sondern auch aus Umwelt-Sicht für sie nicht mit der Unternehmensphilosophie vereinbar. Für die nahe Zukunft wünschen sich die Skadi-Gründer deshalb nicht nur eine “grüne” Verpackung, sondern auch regionale Partner in Deutschland, um den hochwertigen Zutaten eine ökologisch nachhaltige Produktionskette vorzuschalten.
Genau um diese Beispiele ging es auf der „Food & Tech Connect!“, die als Plattform für den Austausch und die Kooperation ins Leben gerufen wurde. So standen im Rahmen der begleitenden Messe neben dem Geschmackstest vor allem die Gespräche im Vordergrund.
(Artikel: Madlen Dietrich)