04.12.24Berlin

Wo die Boomer fehlen werden

Immer mehr Erwerbstätige gehen in den kommenden Jahren in Rente. Auf einige Branchen in der Hauptstadtregion kommen handfeste Probleme zu.

Der bevorstehende Renteneintritt der Babyboomer-Jahrgänge (1954 bis 1969) wird den Arbeitsmarkt in Berlin und Brandenburg in den kommenden Jahren stark verändern. Die Zahl der Arbeitskräfte, die zur Verfügung stehen, wird deutlich zurückgehen. Heute stellen die Babyboomer eine große Gruppe der Erwerbstätigen dar. Ihr Austritt aus dem Berufsleben kann schlimmstenfalls zu spürbaren Engpässen in verschiedenen Branchen und Berufen führen.

Bald ziehen sich die Babyboomer zurück

Die meisten Babyboomer werden in den Jahren 2025 bis 2040 in Rente gehen. Bis zum Jahr 2036 werden es bundesweit laut dem Institut der deutschen Wirtschaft schätzungsweise mehr als 16,5 Millionen Menschen sein.

Rente Boomer Fachkräfte
Die Alten gehen, die Jungen fehlen - auf dem Jobmarkt werden wichtige Kräfte künftig seltener.

Mehrere Wellen in Berlin und Brandenburg

In der Hauptstadtregion wird der Renteneintritt dieser Generation in mehreren Phasen stattfinden:

  • 2025 bis 2030: Erste Welle des Renteneintritts. Besonders in der Industrie und im öffentlichen Dienst, die in der Region Berlin-Brandenburg traditionell stark vertreten sind, wird sich der Fachkräftemangel bemerkbar machen. Viele erfahrene Fachkräfte, insbesondere in technischen Berufen und im Bildungswesen, treten in den Ruhestand.
  • 2030 bis 2036: Hauptwelle des Renteneintritts. In dieser Zeit wird die Mehrheit der Babyboomer-Generation das gesetzliche Rentenalter erreicht haben. Besonders betroffen sind Schlüsselbranchen wie Baugewerbe, Gesundheitswesen, Verkehr und Logistik, die für die wirtschaftliche Entwicklung von Berlin-Brandenburg von zentraler Bedeutung sind.
  • Ab 2036: Nach 2036 wird der Renteneintritt wieder auf ein normaleres Niveau zurückkehren, aber die Lücken im Arbeitsmarkt werden längerfristig spürbar sein, da die nachfolgenden Generationen zahlenmäßig kleiner sind
     

Was der Wirtschaft droht

  • Fachkräftemangel: Der Rückgang der erwerbsfähigen Bevölkerung wird in der Region besonders stark zu spüren sein. Schon heute haben viele Berliner und Brandenburger Unternehmen Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen. In Brandenburg rechnet man mit dem Fehlen von 28.000 Fachkräften in den nächsten zehn Jahren.
  • Produktivitätseinbußen: Mit dem Verlust erfahrener Mitarbeitenden und Führungskräfte, die oft seit Jahrzehnten im selben Betrieb arbeiten, geht wertvolles Erfahrungswissen verloren.
  • Bildungs- und öffentliche Dienstleistungen unter Druck: Der Bildungssektor, eine der tragenden Säulen für die Innovationskraft, wird stark vom demografischen Wandel betroffen sein. Viele Lehrer und Erzieher gehen in den Ruhestand, und es wird immer schwieriger, den Nachwuchsbedarf in diesen Berufen zu decken.
  • Personalnot auf dem Land: Während Berlin als Hauptstadt von einem stärkeren Zuzug junger, qualifizierter Arbeitskräfte profitiert, wird Brandenburg vor allem in den ländlichen Gebieten vor größeren Herausforderungen stehen. Der Abwanderungsdruck und der Fachkräftemangel werden hier voraussichtlich zu einer noch stärkeren wirtschaftlichen Disparität führen.
     

In diesen Branchen wird es eng

  • Gesundheitswesen und Pflege: Aufgrund des zunehmenden Pflegebedarfs einer alternden Gesellschaft sowie des hohen Anteils älterer Arbeitnehmer in dieser Branche wird es hier besonders starke Engpässe geben.
  • Baugewerbe: Viele Beschäftigte in dieser Branche nähern sich dem Renteneintrittsalter, und es gibt Schwierigkeiten, jüngere Fachkräfte in ausreichender Zahl zu gewinnen.
  • Öffentlicher Dienst: Hier wechselt in den nächsten Jahren viel Personal in den Ruhestand., insbesondere Lehrer, Verwaltungsbeschäftigte und Polizistinnen.
  • Technische Berufe und Ingenieurwesen: Viele technische Berufe werden von älteren Fachkräften dominiert, deshalb schlägt hier der demografischen Wandel besonders stark durch.
  • Verkehr, Bahnverkehr und Logistik
     

Was die Unternehmen tun müssen

Um den bevorstehenden Herausforderungen durch den demografischen Wandel erfolgreich zu begegnen, sind für Unternehmen folgende Maßnahmen und Strategien wichtig:

  • Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte fördern: Die Wirtschaft muss internationale Fachkräfte anwerben, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
  • Erwerbsbeteiligung steigern: Unternehmen und Politik müssen versuchen, alle Beschäftigungspotenziale zu heben - bei Frauen, bei älteren Arbeitnehmern und bei Teilzeitkräften, besonders in Brandenburg. Flexible Arbeitszeitmodelle können hier helfen.
  • Weiterbildung ausbauen: DieFirmen müssen zusätzlich in Weiterbildung investieren, besonders in digitale Kompetenzen und technologische Innovationen.
  • Attraktivität als Arbeitgeber erhöhen: Unternehmen sollten Maßnahmen ergreifen, um Fachkräfte anzuziehen und zu binden.
     

Politik muss noch aktiver werden

Es ist entscheidend, dass die Politik den Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland fördert. Beispielsweise durch eine beschleunigte Visavergabe und die vereinfachte Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse.

Schon heute sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus dem Ausland eine wichtige Stütze des Wohlstands.

Ausländer Beschäftigung Wachstum
Brandenburg steht bei der ausländischen Beschäftigung in Ostdeutschland an der Spitze.

Darüber hinaus sollten Anreize geschaffen werden, um mehr Menschen zu motivieren, auch nach Erreichen des Rentenalters im Berufsleben zu bleiben. Auch die durch längere individuellen Arbeitszeit kann das vorhandene Potenzial besser genutzt werden.

Die Bertelsmann-Stiftung unterstreicht, dass Deutschland mehr Zuwanderung braucht. Migrationsexpertin Susanne Schultz erklärt: „Der demographische Wandel erfordert auch Zuwanderung. Natürlich muss vorrangig das inländische Arbeitskräftepotenzial – sowohl von Einheimischen als auch von bereits Zugewanderten – entwickelt und die Arbeitsmarktbeteiligung erhöht werden. Aber der künftige Arbeitskräftebedarf bis 2040 wird damit allein nicht gedeckt werden können.“

Das reformierte Fachkräfteeinwanderungsgesetz schafft laut Schultz neue Möglichkeiten, doch ohne eine ausgeprägte Willkommenskultur und längerfristige Bleibeperspektiven wird es schwierig sein, internationale Fachkräfte zu gewinnen.

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